Drei Küsse auf den Ringfinger

29.04.19   OTZ Spielbericht

»Osthüringer Zeitung

Karl Grohs
 begab sich auf den Weg. Nach seinem dritten Tor in der Partie gegen Germania Ilmenau am Sonnabend verließ er für ein paar flüchtige Augenblicke den Rasen im Roda-Stadion in Stadtroda und rannte zu jenen beiden wahrlich treuen Fans, die bei jedem Heimspiel von Grün-Weiß Stadtroda tapfer bei Wind und Wetter auf den Zuschauerrängen ausharren. Es war eine Geste der Dankbarkeit für jene zwei Schlachtenbummler, die mit dem generellen Spielverlauf der Partie in der Landesklasse mit hoher Wahrscheinlichkeit sehr zufrieden waren, schließlich siegten die Hausherren souverän mit 5:0 über die Gäste aus dem Ilm-Kreis. Der dritte Treffer von Karl Grohs(88.) war dann quasi das i-Tüpfelchen der Begegnung, zirkelte er doch den Ball unendlich gefühlvoll von der linken Strafraumseite in die lange Torecke zum eben 5:0. Mit reichlich Effet und einer formvollendeten Flugbahn schlug der Ball im Gehäuse ein. Es war absolute Maßarbeit, da gab es nichts zu halten für Germania-Keeper Bernd Müller Grohs wiederum küsste – wie nach jedem Treffer – seinen Ringfinger, um dann umgehend zu den Fans aufzubrechen. Letztlich schien es für den Souverän in den Reihen von Steffen Richter ein gelungener Nachmittag gewesen zu sein, exakt so, wie er sich das im Vorfeld gewünscht hatte, denn noch während der Erwärmung ermahnte er seine Mitspieler, dass sie doch energisch und auch entsprechend laut ihr Tagwerk verrichten sollen, schließlich sei Samstag – und da gehe es nun einmal um Punkte.

Grün-Weiß-Coach Steffen Richter wiederum hatte nach der Partie kaum etwas zu beanstanden, allein mit der Torausbeute haderte der Trainer, wohlwissend, dass er in diesen Momenten auf recht hohem Niveau jammerte. Doch natürlich schwang bei seiner homöopathischen Kritik auch ein wenig Wahrheit mit, schließlich hätte es nach 15 absolvierten Minuten durchaus schon 4:0 für die Möhre stehen können, doch vorerst mussten sich die Stadtrodaer mit einem 1:0 (4.) begnügen, für das Simon Fuchsmit einem beeindruckenden Sololauf verantwortlich war. Fuchs tauchte kurz danach erneut für dem Germania-Kasten gänzlich alleine auf, nutzte die Großchance jedoch nicht. Etwas später stand er zwar goldrichtig, versenkte einen Abpraller im Tor, doch er stand dabei im Abseits. In der ersten Minute der Begegnung hämmerte indes Karl Grohs das Leder, es war ein Freistoß, an den linken Germania-Pfosten. Im Laufe der Begegnung gesellte sich dann noch die eine oder andere nominelle Chance für den Gastgeber dazu, von denen jedoch keine in etwas Zählbares verwandelt werden konnte.

 

In der 35. Minute präsentierte sich das Dargebotene der SHK-Kicker jedoch anders, als denn Karl Grohs – mal wieder – und Simon Fuchs in Sachen Kombinationsfußball ein Schmankerl kredenzten. Grohs von links in Strafraumnähe auf den zentralen Fuchs , der das Leder für den unendlich entschlossen agierenden Kapitän im Strafraum auflegte – 2:0. Grohs küsste zum ersten Mal seinen Ringfinger an diesem Spieltag. Zum zweiten Mal tat er dergleichen in der 61. Minute, als er zum temporären Spielstand von 4:0 traf. Zuvor durfte sich Paul Weise in der Torschützenliste (47.) verewigen.

Der Gegner stellte indes keine wirkliche Herausforderung für Grün-Weiß dar. Im Jahr 2019 hat Germania Ilmenau nichts mehr mit jenem Team gemein, welches noch vor zwei Spielzeiten ein Kandidat für die Meisterschaft war. Zwingende Chancen gab es nicht, lediglich ein Distanzschuss zum Auftakt des zweiten Aktes, als Hagel für ein paar Minuten über dem Roda-Stadion niederging, sowie ein Lattentreffer ein paar Minuten später waren das höchste der kickenden Gefühle.

„Wir haben unsere Aufgabe erledigt. In keinem Moment hatte ich das Gefühl, dass wir irgendwie lässig agiert hätten, im Gegenteil, vereinzelt musste ich den einen oder anderen Spieler etwas bremsen, einige wollten schlichtweg zu viel“, resümierte Steffen Richter , der im Großen und Ganzen natürlich zufrieden war, zumal Ilmenau in den vergangenen Wochen auch nicht so schlechte Ergebnisse abgeliefert hätte. „So schlecht, wie es der Tabellenplatz auf den ersten Blick suggeriert, waren sie definitiv nicht“, führte Richter weiter aus. Nach dem Spieltag hat Grün-Weiß StadtrodaTabellenplatz drei in der Liga inne.

Da die Personalsituation in den Reihen von Steffen Richter reichlich desolat war, insbesondere in der Verteidigung mit Pascal Wollnitzke, Andreas Kittner , Leon Menzelund Florian Klinger zentrale Protagonisten fehlen, stand um 15 Uhr ein Spieler aus längst vergangenen Tagen auf dem Grün: Robert Schakau. In der Innenverteidigung schob er routiniert Dienst, blickte dabei zeitweilig recht finster drein, fast so, als ob er einem Film von Sergio Leone entsprungen wäre. „Gegen Ende hin wurden die Beine schon etwas schwer, da habe ich doch schon ein wenig mein Alter gemerkt“, scherzte der 38-Jährige nach der Partie, mit deren Ausgang er sehr zufrieden war. Gut zwei Jahre sei es nun her, dass er zum letzten Mal für die Möhre gegen Arnstadt auflief, erinnerte sich Robert Schakau, der von allen nur liebevoll „Schak“ auf dem Feld gerufen wurde. Dank regelmäßiger Besuche im Fitnessstudio haben sich die konditionelle und auch körperliche Belastung für ihn in Grenzen gehalten – bis auf die letzten fünf Minuten. „Es war einfach nur herrlich, mal wieder Fußball zu spielen“, sagte ein sichtlich zufriedener Robert Schakau, der bereits am Dienstag in das Trainingsgeschehen mit eingegriffen hatte.

„Die Eingebung hatte ich, als ich gesehen habe, wer alles fehlen wird“, sagte indes Steffen Richter , der mit dem Dargebotenen von Schakau sehr zufrieden. „Die jungen Spieler haben mir zu verstehen gegeben, dass sie es gut fanden, wie er kommuniziert hat, dass er mit ihnen geredet hat und ihnen sagte, wohin sie gehen sollen“, lobte der Coach. Die kickende Stippvisite soll jedoch laut Schakau eine einmalige Sache gewesen sein, eine Rückkehr in den Ligaalltag werde es definitiv nicht geben.

Marcus Schulze 29.04.19